W&I Versicherungen | Deloitte Deutschland (2024)

Anders als bei herkömmlichen W&I Versicherungen findet sich daher bei synthetischen Policen weder ein Bezug auf einen im Kaufvertrag enthaltenen und zwischen Käufer und Verkäufer vereinbarten Garantiekatalog, noch auf andere für die Haftungsbestimmung erforderliche Definitionen unter dem Kaufvertrag. All dies findet sich ausschließlich im zwischen Käufer und Versicherer geschlossenen Versicherungsvertrag. Daher darf man unter einer synthetischen Versicherungsdeckung kein starres Produkt des W&I Versicherers verstehen, sondern das Ergebnis der Verhandlungen des Versicherers mit dem Käufer über die im Rahmen der Versicherungspolice abgesicherten Garantien.

Mit dem Verzicht auf vom Verkäufer gegebene Garantien verzichten Versicherer auf ihr letztes Sicherheitsnetz, nämlich die Möglichkeit, den Verkäufer im Falle von Betrug, Arglist oder „ins Blaue hinein“ abgegebene Garantien in Regress nehmen zu können. Zudem entsteht bei Versicherern naturgemäß eine Skepsis, wenn ein Verkäufer nicht gewillt ist Garantien für die Richtigkeit seiner Aussagen im Kaufvertrag zu übernehmen, obwohl er sein Haftungsrisiko durch eine herkömmliche W&I Versicherung quasi auf „Null“ reduzieren könnte.

Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Versicherer beim Thema synthetische Versicherungspolicen (bislang) eher zurückhaltend auftraten und diese meist nur in Fällen anbieten, welche für sie als „kalkulierbar“ erscheinen.

So haben einige Versicherer für Immobilientransaktionen eine eigene synthetische Police auf den Markt gebracht, welche einen Standard-Garantiekatalog (inkl. Prüfungsanweisungen an die Due- Dilligence-Teams des Käufers) enthält. Diese Entwicklung ist nur konsequent, da Immobilientransaktionen für viele Versicherer als Transaktionen mit vergleichsweise leicht einzuschätzenden Risiken gelten, insbesondere weil hier bereits viele Schritte standardisiert sind bzw. auch ohne Mithilfe des Verkäufers sehr gründlich geprüft werden können, was dem Versicherer den notwendigen Komfort bietet.

Unabhängig vom Industriezweig der Transaktion lassen sich Versicherer aber auch durch eine gute Argumentation des Maklers auf das Abenteuer „synthetische Versicherungspolice“ ein, wenn dieser klar darlegen kann, warum der Verkäufer in dieser Transaktion gerade keine Garantien abgeben kann oder die Vereinbarung eines Garantiekatalogs zwischen Käufer und Versicherer in der spezifischen Situation der bessere Weg ist. Ein klassisches Beispiel ist der Verkauf durch den Insolvenzverwalter, der regelmäßig nicht in der Lage sein wird, werthaltige Garantien abzugeben (jedenfalls beim typischen Fall des Asset Deals) und auch mit Blick auf persönliche Haftungsrisiken ein gesteigertes Interesse daran hat, auf die Abgabe von Garantien vollständig zu verzichten. Dazu kommt mangelndes Wissen über die Zielgesellschaft und ein oft schlechter Zugang zu Informationen. Aber auch andere Konstellationen sind denkbar, in denen der Verkäufer eben keine Garantien abgeben kann oder bei denen eine andere Herangehensweise als sinnvollere Variante erscheint. Wie erwähnt, zeichnet sich sogar der Trend ab, dass am Markt auch in „klassischen“ M&A Transaktionen versucht wird, über eine W&I Versicherung eine synthetische Deckung zu erreichen. Dies erfordert aber in jedem Fall eine gute und rechtzeitige Vorbereitung und Durchführung der Transaktion.

Zum einen kommt es auf die Marktkenntnis des Maklers an, der bei jeder Transaktion individuell prüfen muss, welche Versicherer für die angestrebte synthetische Versicherung in Frage kommen bzw. sich überzeugen lassen, diese anzubieten. Denn nicht jeder W&I Versicherer ist gleich erfahren und gleich Willens, diesen Weg zu gehen. Zum anderen ist es bei diesen Fällen besonders wichtig, dass es dem Makler gelingt, den Versicherer von der Redlichkeit des Verkäufers zu überzeugen und die Hintergründe für dessen Weigerung zur Abgabe von Garantien überzeugend darzulegen. Zudem verlangen solche Fälle eine besonders ausführliche und gründliche mit dem Versicherer abgestimmte Due Diligence Prüfung durch die Berater des Käufers, basierend auf einem ausführlichen Offenlegungsprozess. Diese muss von Seiten der Kaufinteressenten gut vorbereitet, aber auch von Seiten des Verkäufers durch die Bereitstellung entsprechender Informationen ermöglicht werden.

Zuweilen mag es Fälle geben, in denen der W&I Versicherer mit den zur Verfügung stehenden Informationen nicht zufrieden ist oder auch Zweifel an der Erklärung hat, warum der Verkäufer sich gehindert sieht, Garantieerklärungen in den Transaktionsdokumenten abzugeben.

In diesen Fällen kann die Abgabe einer sog. Management Warranty Deed (auch Management Warranty Declaration) notwendig werden, um die synthetische Garantielösung möglich zu machen. Hierbei handelt es sich schlicht um einen zwischen der Geschäftsleitung der Zielgesellschaft und dem Käufer verhandelten Garantiekatalog, auf den der W&I Versicherer letztlich den Versicherungsschutz gewährt. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass es teilweise erheblicher Anstrengungen bedarf (wenn überhaupt möglich), die Geschäftsleitung dazu zu bringen, einen solchen Garantiekatalog zu formulieren, bzw. an der Formulierung mitzuwirken. Hauptgrund hierfür dürfte die Sorge um eine persönliche Haftung der Geschäftsleiter sein. Möchte man das Management von der Abgabe einer solchen Erklärung überzeugen, kann es notwendig sein, eine entsprechende Freistellungserklärung abzugeben oder aber die Geschäftsleitung anderweitig zu incentivieren. Insbesondere weil die Kaufinteressenten in vielen Fällen wollen, ja bisweilen darauf angewiesen sind, dass das Management auch nach dem Erwerb an Bord bleibt, sind die Möglichkeiten eine solche Erklärung zu erlangen begrenzt.

Doch wie groß ist aktuell die Bereitschaft von Anbietern von W&I Versicherungslösungen, synthetische Garantiekataloge zu versichern? Nikola Pamler, Director Financial Advisory bei Deloitte, hat mit einigen der führenden Anbietern am Markt gesprochen und hat gerade zu Beginn des neuen Jahres durchaus positives Feedback erhalten. Während die Versicherer sich zum Jahresende 2021 die Rosinen unter den angebotenen Transaktionen herauspicken konnten und Anfragen nach synthetischer Deckung oft unter den Tisch gefallen sind, besteht nun bei vielen Versicherern wieder Bereitschaft, sich mit einer synthetischen Deckungsanfrage zu befassen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es nicht unmöglich scheint, auch für „typische“ M&A Transaktionen einen synthetischen Garantiekatalog mit einem W&I Versicherer zu schließen. Es erfordert aber eine gute und rechtzeitige Vorbereitung, tiefe Marktkenntnis und einen eingespielten Apparat an Beratern, die die Anforderungen der W&I Versicherer genau kennen und verstehen und diese auch im Rahmen des Transaktionsprozesses – sei es in der Due Diligence, sei es in der Erstellung und der Verhandlung der Transaktionsdokumente – umsetzen können. Gerne steht Ihnen unser interdisziplinäres Team aus Spezialisten aller relevanter Fachbereiche zur Seite, um mit Ihnen gemeinsam an der Umsetzung einer synthetischen Garantielösung zu arbeiten.

Sie möchten mehr zu diesem Thema wissen? Dann sprechen Sie uns gerne an!

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